Auf dem Land- und Seeweg nach China

25. Indien in Sicht

Vom Delhi-Stadttor in Lahore aus führt eine Landstraße direkt zur indischen Grenze. Die Entfernung dorthin beträgt ungefähr 30 km. Mein neuer Freund organisierte mir ein Taxi, um dort hin zu fahren. Er selbst konnte nicht mitkommen, weil er seinen Ausweis nicht dabei hatte. Aber er gab dem Taxifahrer seine Handynummer, für alle Fälle. Das sollte sich später noch als nützlich erweisen.  

Die Grenze zwischen Pakistan und Indien heißt an dieser Stelle auf englisch "Wagah-Border". Jeden Abend, bei Sonnenuntergang, findet dort eine aufwändige Zeremonie statt. Dann werden nämlich mit großem militärischen Zinnober auf beiden Seiten der Grenze die jeweiligen Fahnen eingeholt. Damit möglichst viele Zuschauer dem allabendlichen Ereignis beiwohnen können, hat jede der beiden Nationen eine Stadionhälfte um den Ort gebaut. Hier sieht man die pakistanische Stadionhälfte von außen.

Geht man durch das Tor der pakistanischen Seite hindurch, so sieht man auf der anderen Seite die indische Stadionhälfte.

Genau dort, wo das große Gitter zu sehen ist, befindet sich die Grenze zwischen Pakistan und Indien. 

Vor dem eigentlichen Akt vollführen verschiedene Soldaten absurd überzogene Marschübungen. 

Dann öffnet sich das Tor. In einer rituellen Handlung geben sich zwei gegnerische Soldaten sogar die Hand. Schließlich werden die Fahnen eingeholt.

Das Ganze muss man wohl nicht so ernst nehmen. Es herrscht eine Stimmung wie im Fußballstadion. Es gibt sogar Cheerleader, die das Publikum immer wieder zu Beifallsstürmen anfeuern. Es ist für alle ein riesen Spaß.

Die hühnenhaften Soldaten erlauben sogar, dass man mit Ihnen Selfies macht.

Das lustige Spektakel lohnt sich also um seiner selbst willen. Aber für mich hatte es darüber hinaus doch eine ganz besondere Bedeutung. Denn hier an dieser Stelle kann man Indien sehen.  

Dieser Weg dort hinten mit den vielen Laternen, das ist eine Straße in Indien!

Direkt am Grenzzaun sieht man, dass Indien nur noch einen Meter weit weg ist.

Für mich war das ein bewegender Moment. Die ursprüngliche Idee dieser Reise war ja, über Land einen Weg nach Indien zu gehen. Indien selbst hat mich in diesem Projekt gar nicht interessiert. Allein der Weg war das Ziel. Das ist hiermit erreicht. 

Auf der Rückfahrt in die Stadt gab es dann nochmal ein Problem. Der Taxifahrer hatte schon auf der Herfahrt unbedingt auch den Auftrag für die Rückfahrt haben wollen. Ok, kein Problem, aber in meiner Tasche waren nur noch knapp so viele Rupien, wie die Herfahrt kostete. Ich verlangte daher, dass er mich bei der Rückfahrt bis zu meinem Hotel bringen müsste. Und die Rückfahrt müsste etwas billiger sein, denn mehr Rupien hatte ich nun mal nicht.

Der Taxifahrer willigte ein. Nach der Veranstaltung trafen wir uns am vereinbarten Ort und es ging los. Aber als wir zurück in der Stadt waren, wollte er von der Vereinbarung nichts mehr wissen. Der Weg zu meinem Hotel war ihm jetzt zu weit.  Und so blieb er irgendwo in der Stadt, mehrere Kilometer entfernt von meinem Hotel, einfach stehen. Seine Idee war wohl, dass mein neuer Freund einen Zuschlag zahlen sollte. Den hatte er nämlich unterwegs angerufen und der eilte auch tatsächlich bald herbei, hinten auf dem Sitze des Motorrades seines Freundes.

Ich weigerte mich aber, mit dem Taxifahrer noch einen Meter weiterzufahren und wollte zu Fuß weitergehen. Die beiden auf dem Motorrad ließen aber nicht locker. Am Ende saß ich dann in einer Motor-Ritschka und wurde zum Hotel gefahren, begleitet von den beiden auf dem Motorrad. Ich hätte es bestimmt auch irgendwie so geschafft, aber gegen die grenzenlose pakistanische Gastfreundschaft kommt man nun mal nicht an. 

Die beiden haben sich dann verabschiedet. Ich konnte sie leider nicht zum Tee einladen, denn es war ja keine einzige Rupie mehr da. Und wieso war ich so blank? Weil an keinem einzigen Bankautomat auf dem ganzen Weg von der chinesischen Grenze bis nach Lahor Geld zu bekommen war. Alle meine Karten haben nicht funktioniert. Bei der Einreise nach Pakistan hatte ich deshalb Bargeld zu einem grottenschlechten Kurs umgetauscht und das hat genau bis zu diesem Punkt hier gereicht.

Noch am selben Abend machte mich also auf die Suche nach einem Bankautomaten, der doch noch Geld ausspuckt. Nach sehr vielen Versuchen habe ich dann tatsächlich einen Automaten gefunden. Übrigens hat das danach nie wieder funktioniert. Später musste wieder mein begrenztes und daher kostbares Bargeld herhalten.

Nach so einem aufregenden Tag brauchte ich eine Erholung. Da kam der KFC gerade recht. Bei der Bestellung half mir dann der KFC-Manager persönlich. Er war so ausgesucht freundlich, dass ich mich richtig wohl gefühlt habe. Wir kamen ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass er aus Großbritannien war und hier schon seit Jahren lebte. Wir haben uns lange unterhalten. 

Und weil wir in all den Fragen rund um den Brexit und um Pakistan auf einer Wellenlänge lagen, haben wir am Ende unsere Adressen ausgetauscht. Dieser Besuch im KFC war wirklich ein gebührender Ausklang für einen großen Reisetag.

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