Auf dem Land- und Seeweg nach China

14. Shanghai

Der Schnellzug ganz vorne im Bild hat mich in ungefähr 6 Stunden von Xian nach Shanghai gebracht. Dabei wurden rund 1200 km zurückgelegt. Im Hintergrund sieht man noch viele andere Schnellzüge, die auch gerade im Bahnhof von Schanghai stehen.

Shanghai hat weit über 20 Millionen Einwohner. Die Stadt liegt am Fluss Yangtze, der hier wenige Kilometer weiter in das Chinesische Meer mündet, das ein Teil des Pazifik ist. Zu beiden Seiten des Flusses gibt es eine spektakuläre Stadtansicht. Auf der einen Seite sieht man die neue Skyline mit ihren teils skurrilen Wolkenkratzern.

Auf der anderen Seite befindet sich die alte Stadt. Aber außer dieser einen Häuserzeile am Ufer gibt es nur noch eine weitere Straße direkt dahinter mit Resten von der Altstadt. Alle anderen Gebiete der Stadt sind komplett neu mit Hochhäusern bebaut.

Hier sieht man das gleich nochmal bei Nacht.

In Shanghai habe ich mir drei Museen angesehen. Jedes war auf seine Art interessant.

 

1. Shanghai Museum

Das Shanghai Museum sollte eigentlich China Kunst Museum heißen, denn es zeigt die kunsthistorische Entwicklung Chinas.

Die Kunstwerke sind hier nach Material, Form oder Verwendungszweck geordnet. So gibt es eine Abteilung nur mit Keramiken, eine andere nur mit Bronze-Gegenständen. Die nächste Abteilung zeigt ausschließlich Skulpturen usw.

Die Kunstgeschichte wird hier also nicht horizontal in Schichten unterteilt - etwa in Antike, Mittelalter, Neuzeit - sondern vertikal nach Art der Gegenstände.

Zum einen kann man so leichter erklären, wie etwas gemacht wird und wie es sich dann entwickelt hat. Den Anspruch den Besucher zu unterrichten, hat das Museum ganz offensichtlich. Das sieht man an den umfangreichen Erläuterungen zu Herstellungsprozessen.

Zum anderen kann man so aber auch einen ungebrochenen Bogen spannen von früher zu heute. Und tatsächlich, aus den Einführungstexten, die hier auf großen Tafeln auch in Englisch zu sehen sind, lese ich die zentrale Aussage heraus: Unser schönes China von heute gibt es so im Prinzip schon seit tausenden von Jahren und wir zeigen hier seine wunderbare Entwicklung.

 

2. Museum für Stadtentwicklung

Hier läuft auf einer riesen Videowand der Clip einer chinesischen Boy-Group. Es gibt englische Untertitel. Die wären aber gar nicht nötig. Man würde den Liedtext vom Sinn her auch so verstehen. Demnach ist Shanghai eine unglaublich phantastische Stadt. Das gleiche Selbstbewusstsein trifft man in anderen Medienbeiträgen, die hier zu sehen sind.

Im Prinzip wird hier immer wieder gezeigt, wie aus alten Stadtteilen neue gemacht wurden. Auf die Hochhäuser, die dabei überall empor sprießen, ist man stolz. Aber man sieht hier keine Visionen. Wie stellt man sich die Stadt in 10 Jahren vor. Diese Frage drängt sich doch auf angesichts der rasanten Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Werden sie dann mit fliegenden Autos unterwegs sein? Oder wollen sie dann das Beamen erfunden haben? Aber nichts dergleichen.

Oder wie wäre es mal mit einer ganz simplen Idee zur Stadtentwicklung? Gleich um die Ecke gibt es einen riesigen Ozean. Aber Shanghai hat nicht einen einzigen Strand, um da mal dranzukommen. Statt dessen hat man lieber einen Flughafen direkt ans Ufer gebaut. Wie gerne hätte ich mal ein Bild von diesem Meer gemacht, um zu zeigen: hier geht es wirklich nicht mehr weiter, jedenfalls nicht mit Bus und Bahn. 

 

3. Shanghai Kunst Gallerie

Die Location ist beeindruckend. Bezüglich Kunstwerke fand ich die riesige Abteilung für aufstrebende junge Künstler unten im Erdgeschoss bemerkenswert.

Die meisten Werke sind ganz brav. Sie zeigen den Alltag in der Volksrepublik China: das Volk beim Blutspenden, das Volk beim Turnen, immer wieder Werktätige bei der Arbeit. Manchmal sind auch klug aussehende, alte Männer dargestellt, die wohl gerade beim Regieren sind.

Aber es geht auch echt schräg. Auf einem Bild sieht man einen schwer bewaffneten Soldaten, der an einer Straßenecke steht. Vom Gesichtsausdruck her sieht er aber nicht wie ein gefährlicher Krieger aus, sondern mehr wie ein guter Hirte. Eine Mutter und ihr Kind stehen in der Nähe und betrachten ihn vertrauensvoll. Sie scheinen zu denken: mit seinem Maschinengewehr kann er uns gut behüten.

Provokation ist ja ein wichtiges Ausdrucksmittel moderner Kunst. Die huldigende Darstellung von Mao in der heutigen Zeit? Das ist eine Provokation! Davon gibt es hier einige Bilder.  So gesehen wäre das ein Hinweis auf echte Kunst. Aber der ganze Kontext dieses Museums machen klar, dass diese Bilder so nicht gemeint sind. Es kommt eben nicht nur auf das Auge des Betrachters an, sondern auch auf die Intention des Schaffenden.

 

 

Ansonsten in Shanghai

Wirklich interessant fand ich den Volkspark, der im Herzen der Stadt liegt. Dort sieht man kleine Gruppen, die Kartenspieler umringen, um sie beim Spiel zu beobachten. 

 

Mit diesem Karussel kann man heute schon fliegen.

Und dann war da ein ganz besonderer Markt. Zunächst war gar nicht klar, um was es hier ging.

Plötzlich stand ich selbst im Mittelpunkt. Wie groß ich sei, und wie alt, wurde ich gefragt. Da ging mir ein Licht auf. Das waren ja genau die Angaben, die ich auf den Schildern entziffern konnte. Denn Zahlen kann ich ja lesen. Das hier ist ein Heiratsmarkt! Und weil hier keine jungen Leute zu sehen sind, sind es wohl die Eltern und Großeltern, die hier versuchen, ihre Kinder und Enkel unter die Haube zu bringen. 

Das Interesse an mir erlahmte aber wieder schnell. Die Größe hätte gepasst, aber nicht das Alter.

 

Schließlich...

Zum Abschluss meines Besuches in Shanghei bin ich dann auf eine Bar gestoßen, wo tatsächlich Bluegrass-Musik gespielt wurde. Die höre ich doch so gerne. Dass es so was gibt hier in Shanghai! Das Bier hat dann richtig gut geschmeckt.

 

Kommentare sind geschlossen

Copyright © 2025 - Design by FS